Unter Drogeneinfluss stehend oder betrunken – die Fahrerlaubnisbehörde kann Zweiradfahrer nun offensichtlich nicht mehr mit Fahrverboten bestrafen. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) unlängst entschied, seien Mofas, E-Scooter und Fahrräder anders zu behandeln als Autos und eine Untersagung der Fahrerlaubnis nach Alkoholkonsum entsprechend nicht gleichermaßen zu ahnden. Darüber hinaus wurde das Urteil damit begründet, dass fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge entsprechend auch ein anderes Gefahrenpotenzial besäßen als vierrädrige Kfz, sodass ein einheitliches Verfahren nicht durchsetzbar sei.

Doch wie kam es zu diesem Urteil?

Den zuständigen Ämtern für Fahrerlaubnis wurden von Seiten der Polizei immer wieder mittgeteilt, dass Fahrer von Fortbewegungsmitteln, für die man keinen Führerschein benötigt, vielfach unter Alkoholeinfluss stehen würden. Die zahlreichen E-Scooter-Unfälle an den Wochenenden sprechen ohnehin für sich, sodass auch ein Laie unschwer die Gründe für derartige Probleme erkennen kann. Gerade auf den Partymeilen der Großstädte steigen junge Menschen auch stark alkoholisiert auf ein fahrerlaubnisfreies Zweirad, um von A nach B oder einfach nur nach Hause zu kommen. Und jede Woche aufs Neue sind die Zeitungen voll von Meldungen über Stürze, von Zusammenstößen mit anderen Verkehrsteilnehmern und schweren Verletzungen der betroffenen Personen.

Nun hat die Behörde reagiert und wollte einem Mann die Nutzung seines Fahrrades unter Alkoholeinfluss untersagen, was wiederum den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ins Spiel brachte – und dieser entschied ganz anders.

Richter des BayVGH kritisierten die Regelung der bundesweiten Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

Laut Bayerischem Verwaltungsgerichtshof sei die bundesweite Fahrerlaubnisverordnung nicht für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen anwendbar, da diese nicht erkennen lasse, wann jemand zum Führen eines fahrerlaubnisfreien Zweirades geeignet ist und wann nicht. Darüber hinaus hieß es in der Urteilsbegründung, dass es bis dato keine geeigneten Maßnahmen gebe, um dies zu überprüfen.

Des Weiteren führten die Richter des Bay VGH an, dass das Fehlen rechtlicher Maßgaben zu unverhältnismäßigen Strafen und Verboten führen könnten. Das Gefahrenpotenzial zwischen Mofa, E-Scooter und Fahrrad sein ein jeweils anderes, sodass sich keine allgemeingültige Sachlage ergebe.

Der konkrete Fall:

Im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle im Jahre 2015 wurde ein Mann auf einem dreirädrigen Fahrrad von der Polizei dazu aufgefordert, eine medizinisch-psychologische Untersuchung beizubringen, da er sichtlich alkoholisiert auf seinem Rad unterwegs war. Der Mann ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen, sodass ihm das zuständige Landratsamt Ostallgäu die Nichteignung zum Führen eines Fahrzeuges bescheinigte und das Fahren von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen generell untersagte.

Der Mann wehrte sich gegen diesen Entscheid und reichte Klage ein. Mit Erfolg, denn der BayVGH hob das (bis dato noch nicht rechtskräftige) Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg im Februar 2022 auf (Az.: 11 B V 22.1234).

Ist jetzt alles erlaubt?

In der Tat scheint es jetzt nicht mehr so einfach zu sein, eine Untersagung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wie E-Scooter, Mofa oder Fahrrad durchzubringen. Doch Vorsicht! Es sind weiterhin Geldstrafen und Punkte in Flensburg zu erwarten, wenn mit mehr als 0,5 Promille im Blut gefahren wird. Darüber hinaus steigt das Unfallrisiko für alle Verkehrsteilnehmer signifikant an, wenn der Fahrer unter Drogen- bzw. Alkoholeinfluss unterwegs ist.

Das Urteil des Bay VGH ist als Unterscheidung zwischen Strafsache und Bußgeldverfahren zu verstehen und sollte daher auch kein Freibrief für rücksichtsloses und gefährdendes Verhalten im Straßenverkehr sein.

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